Fünftes PEFC-Forum in Stuttgart – Auftakt zur Revision des PEFC-Waldstandards
Gipfeltreffen von Waldinteressierten in Stuttgart

Rund 120 Teilnehmende aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Praxis und Zivilgesellschaft diskutierten über Entwicklungsmöglichkeiten der PEFC-Waldzertifizierung in Deutschland. Foto: (c) PEFC/Kollaxo.
Wie sieht die Zukunft nachhaltiger Waldwirtschaft aus? Beim Fünften PEFC-Forum in Stuttgart diskutierten Fachleute aus Politik, Wissenschaft, Praxis und Zivilgesellschaft über die Weiterentwicklung der PEFC-Waldzertifizierung in Deutschland. Die Veranstaltung markierte den Start zur offiziellen Standardrevision – einem Beteiligungsverfahren zur Überarbeitung der Vorgaben einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Waldbewirtschaftung.
Stuttgart, 08.07.2025. Unter dem Titel „Stakeholder Summit – Standardrevision“ veranstaltete PEFC Deutschland e. V. am 3. Juli 2025 das Fünfte PEFC-Forum. Die Tagung im FORUM Haus der Architektinnen und Architekten in Stuttgart bildete den offiziellen Auftakt zur anstehenden Überarbeitung der PEFC-Standards in Deutschland. Rund 120 Teilnehmende aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Praxis und Zivilgesellschaft diskutierten über zentrale Herausforderungen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der PEFC-Waldzertifizierung in Deutschland.

Peter Gaffert, Vorsitzender von PEFC Deutschland, erblickt in der Vielfalt der Stakeholdergruppen die Gewähr für ein lebendiges und fruchtbares Beteiligungsverfahren zur Überarbeitung des PEFC-Waldstandards. Foto: (c) PEFC/Kollaxo.
Peter Gaffert, Vorsitzender von PEFC Deutschland, eröffnete das „Gipfeltreffen all derer, denen der Wald wichtig ist“, mit einem Appell zur aktiven und zugleich kritischen Mitgestaltung des Standardrevisionsprozesses. Die Einbindung aller relevanten, mitunter sehr unterschiedlichen Interessengruppen sei entscheidend für die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz von PEFC und bilde ein klares Unterscheidungsmerkmal zu anderen Zertifizierungssystemen.
Impulsvorträge zu aktuellen Entwicklungen
Wertvolle Fachimpulse für die weitere Diskussion folgten sodann aus politischer, wissenschaftlicher und internationaler Perspektive. Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, betonte die positiven Auswirkungen der PEFC-Zertifizierung auf die Wälder im Land. Er sagte: „PEFC ist mehr als ein Label. PEFC steht für glaubwürdige nachhaltige Forstwirtschaft, die struktur- und artenreiche Wälder als Antwort auf den Klimawandel schafft und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit im gesamten Holzbereich erhöht.“ Zertifiziertes Holz eröffne die Chance, sich dank des CO2-Speichereffekts „aus dem Klimawandel herauszubauen“. Schließlich warb Hauk für praxisgerechte Lösungen ohne bürokratische Erschwernisse für Waldbesitzende und für allgemeinverständliche Formulierungen im Waldstandard.

Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, äußerte die Bitte, praxisgerechte Lösungen und allgemeinverständliche Formulierungen im Waldstandard zu bevorzugen. Foto: (c) PEFC/Kollaxo.
Prof. Dr. Andreas Bolte, Leiter des Thünen Instituts für Waldökosysteme, zog aus der aktuellen Bundeswaldinventur klare Schlussfolgerungen: Deutschlands Wälder benötigten einen strategischen Umbruch – weg von labilen Reinbeständen, hin zu klimaangepassten, vielfältigen Mischwäldern. Darin behalte auch die Fichte ihre große Bedeutung – als langlebiger Kohlenstoffspeicher im Holzbau.

Prof. Dr. Andreas Bolte, Leiter des Thünen Instituts für Waldökosysteme, zog Learnings für den Revisionsprozess aus der aktuellen Bundeswaldinventur. Foto: (c) PEFC/Kollaxo.
Dr. Michael Berger, Generalsekretär von PEFC International, öffnete den Blick für die weltweite Vielfalt der Wälder und ihrer Nutzungsansprüche. Für die Waldbewirtschaftung gelte inzwischen auf allen Kontinenten die Herausforderung, nicht bei „no harm“ stehenzubleiben, sondern einen aktiven, positiven Beitrag zur Waldentwicklung zu leisten. Selbstkritisch merkte Berger an, dass die Waldzertifizierung global zu langsam vorankomme, insbesondere in den Regionen mit den größten Waldverlusten.

Dr. Michael Berger, Generalsekretär von PEFC International, öffnete den Blick für die weltweite Vielfalt der Wälder und ihrer Nutzungsansprüche. Foto: (c) PEFC/Kollaxo.
Christian Haase stellte sich dem Auditorium als neuer Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR) vor. Der Bundestagsabgeordnete zeigte sich überzeugt: „Das Schicksal des Waldes entscheidet sich nicht in Berlin oder Brüssel, sondern im Wald selbst.“ Ein revidierter PEFC-Standard solle aus dem Austausch von Wissenschaft und Praxis klare Aussagen ziehen und im Ergebnis den Raum für die Eigenverantwortung der Waldbesitzenden erhalten.
Unter dem Titel „Anfänge und Auswirkungen“ reflektierten anschließend ehemalige und aktuelle PEFC-Vorsitzende über die Entwicklung des Systems seit seiner Gründung. Der Moderator des Forums, Dr. Stefan Rösler (oecoach), sprach dazu mit den Vorsitzenden Prof. Dr. Ulrich Schraml (2013 bis 2015), Prof. Dr. Andreas W. Bitter (2015 bis 2022) und Peter Gaffert (seit 2022).
Expertenrunden mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten
In themenspezifischen Gesprächsrunden wurden zentrale Aspekte der PEFC-Zertifizierung vertieft diskutiert:
„Wald und Wild“ ging aus einer Abstimmung der Forumsbesucher als dringlichstes Thema hervor. Gastgeber dieser Expertenrunde war Prof. Dr. Ulrich Schraml, Direktor der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg. Vor dem Hintergrund von 600.000 Hektar anstehender Neubegründung von Kahlflächen und jährlich 95.000 Hektar Wald mit hohem Umbaubedarf besprach er mit Fachleuten aus Wissenschaft, Jagd und Kommunalpolitik die Wechselwirkungen zwischen Wildtiermanagement und Waldentwicklung. Ein Vorschlag lautete, im Hinblick auf den Klimawandel auf „verjüngungsrelevante“ Baumarten zu fokussieren und von den Begrifflichkeiten Haupt- und Nebenbaumarten abzurücken. Ein anderer Vorschlag war, dass Waldbesitzende einmal im Jahr mit den Jägerinnen und Jägern in den Wald gehen und sie die Wildschäden gemeinsam orten und besprechen.

Die Expertenrunde „Wald und Wild" diskutierte die Wechselwirkungen zwischen Wildtiermanagement und Waldentwicklung. Foto: (c) PEFC/Kollaxo.
Mensch und Maschine: Vertreter aus Forstwirtschaft, Technik und Gewerkschaften diskutierten Anforderungen des PEFC-Waldstandards an Arbeitssicherheit, Effizienz und soziale Standards. Gastgeberin war hier Prof. Dr. Ute Seeling, Direktorin der Berner Fachhochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften. Die Fachleute waren sich mit dem Publikum, das sich engagiert in die Runde einbrachte, einig, dass aufgrund des demografischen Wandels ein Personalmangel zur Sicherstellung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung drohe und diesem mit attraktiver Ausbildung und Bezahlung begegnet werden müsse.

Die Expertenrunde „Mensch und Maschine" widmete sich den Anforderungen des PEFC-Waldstandards an Arbeitssicherheit. Foto: (c) PEFC/Kollaxo.
Biodiversität und Baumartenwahl: Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Naturschutz und Waldbesitz thematisierten die Bedeutung vielfältiger und standortgerechter Wälder im Klimawandel. Gastgeber Dr. Aljoscha Requardt, Referent im Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH), sorgte dafür, dass die Dimension der Herausforderung deutlich wurde. Gleichwohl, so ein Ergebnis, müsse sich der PEFC-Standard an der Lebensrealität des Waldbesitzes orientieren. Deutschland sei Kleinprivatwaldland und nicht jede Verjüngungsfläche könne unter Laborbedingungen nach Stand der Wissenschaft modelliert werden.

Die Expertenrunde „Biodiversität und Baumartenauswahl" thematisierte die Bedeutung vielfältiger und standortgerechter Wälder im Klimawandel. Foto: (c) PEFC/Kollaxo.
Ausblick
Mit dem Forum hat der breit angelegte Beteiligungsprozess zur Standardrevision begonnen. Alle Interessierten können konkrete Vorschläge online einreichen (www.pefc.de/standardrevision). Im nächsten Schritt wird der Deutsche Forst-Zertifizierungsrat (DFZR) in seiner Sitzung am 26. November Arbeitsgruppen benennen. Ihr Ziel ist es, 2026 alle Anregungen zur Weiterentwicklung des PEFC-Standards zu prüfen und basisdemokratisch ein verabschiedungsreifes Vorschlagsdokument zu erarbeiten.