Zukunftswald braucht kluge Jagdstrategien
PEFC-Seminar „Zu viel Wild im Wald?“ diskutierte Wege zu angepassten Wildbeständen
 
Zufrieden mit einer erfolgreichen und gut besuchten Veranstaltung in Willebadessen: Die Referenten, Gastgeber, der Moderator und das PEFC-Team. Foto: PEFC/Kollaxo Markt und Medien GmbH
Rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten am 25. September 2025 der Einladung der Regionalen PEFC-Arbeitsgruppen Hessen und Nordrhein-Westfalen nach Willebadessen. Das Fachseminar „Zu viel Wild im Wald?“ bot Waldeigentümern aller Besitzarten, Forstbetriebsgemeinschaften und der Jägerschaft praxisnahe Impulse und lebhafte Diskussionen zum Umgang mit Wildbeständen als entscheidendem Faktor für einen erfolgreichen Waldumbau.
Willebadessen, 29.09.2025. Am 25. September 2025 luden die Regionalen Arbeitsgruppen von PEFC Hessen und Nordrhein-Westfalen zu einem länderübergreifenden Seminar in den Ackerstall am Schloss Willebadessen ein. Unter dem Titel „Zu viel Wild im Wald?“ stand der Tag ganz im Zeichen der Frage, wie Waldbesitzende, Jägerschaft und Kommunen gemeinsam Lösungen für ein angepasstes Wildbestandsmanagement entwickeln können.
Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer stehen heute mehr denn je vor der Herausforderung, geschädigte oder durch den Klimawandel bedrohte Waldflächen zukunftsfähig zu bewirtschaften. Zugleich zeigen die PEFC-Audits in Hessen und Nordrhein-Westfalen immer wieder Abweichungen von der Forderung des PEFC-Standards für nachhaltige Waldbewirtschaftung, auf angepasste Wildbestände hinzuwirken. Das Seminar bot daher rechtliche Grundlagen, praxiserprobte Konzepte und konkrete Handlungsoptionen – ergänzt durch intensiven Austausch in World-Café-Gruppenarbeiten.

Andreas Voß, stellvertretender Vorsitzender der Regionalen PEFC-Arbeitsgruppe Nordrhein-Westfalen, begrüßt die Gäste des PEFC-Wald-Wild-Seminars in Willebadessen. (c) PEFC/KOLLAXO Markt und Medien GmbH
Impulse aus Wissenschaft, Praxis und Zertifizierung
Zum Auftakt führten die Initiatoren in die Thematik ein. Andreas Voß, stellvertretender Vorsitzender der Regionalen PEFC-Arbeitsgruppe Nordrhein-Westfalen und verantwortlich für die technische Produktion / zentrale Holzvermarktung im Landesbetrieb Wald und Holz NRW, unterstrich den engen Zusammenhang zwischen Jagd und Klimaschutz: „Eine aktive Jagdausübung ist gelebter Natur- und Klimaschutz.“ Angesichts des vielerorts beklagenswerten Waldzustands sollten sich „Besitzer, Bewirtschafter und Bejager nicht die Schuldfrage stellen“. Vielmehr sollten sie sich auf das gemeinsame Ziel eines intakten Waldes besinnen und das Vertrauen und den Mut haben, eine gemeinsame, intelligente Bejagungsstrategie anzuwenden.
Auch Karl-Gerhard Nassauer, Vorsitzender der Regionalen PEFC-Arbeitsgruppe Hessen, betonte die Notwendigkeit sachlicher Lösungsansätze im Spannungsfeld von Wald und Wild: „Nur, wenn wir überhöhte Wildbestände regulieren, indem wir die Jagd ernst nehmen, können wir geschädigte Flächen erfolgreich wiederbewalden oder klimaresilient umbauen.“ Nassauer verwies auf den Ernst der Lage: Er lenkte zum einen den Blick auf exorbitante Schäden und zum anderen auf die Risiken für Waldbesitzende, wenn sie ineffektives Jagdmanagement und Abweichungen vom PEFC-Standard nicht abstellten: „Der Ausschluss aus PEFC ist eine reale Option – und damit oftmals der Wegfall und die Rückzahlung von Fördermitteln des Bundes und der Länder.“

Karl-Gerhard Nassauer, Vorsitzender der Regionalen PEFC-Arbeitsgruppe Hessen, bei der Eröffnung des PEFC-Wald-Wild-Seminars in Willebadessen. (c) PEFC/KOLLAXO Markt und Medien GmbH
Nach einem Grußwort des Schlossherrn Konstantin Freiherr von Wrede zeigte Uli Osterheld (Pro Jagdkonzept GmbH) praxisnah, wie moderne Bejagungskonzepte aussehen können. Er motivierte dazu, zunächst den Ist-Zustand zu dokumentieren und auf diesem Fundament einen Maßnahmenplan aufzustellen. Alle Jagdtätigkeiten sollten erfasst werden, beispielsweise, wie viele Ansitze ein Abschuss erfordert. Die dokumentierte Wilddichte müsse Ende Januar ihren tiefsten Punkt erreicht haben, damit sich die Natur im Frühjahr erfolgreich selbst verjüngen und auf Wildverbissschutz verzichtet werden kann.

Uli Osterheld bei seinem Vortrag auf dem PEFC-Wald-Wild-Seminar. (c) PEFC/KOLLAXO Markt und Medien GmbH
Anstelle des kurzfristig verhinderten Volker Diefenbach, Bürgermeister von Heidenrod, stärkte Christof Riedesel das Bewusstsein für die Problemlagen kommunaler Waldbesitzer. Als leitender Auditor für die PEFC-Zertifizierung in Nordrhein-Westfalen sowie als Auditor in Hessen (DIN CERTCO) beschrieb er seine Aufgabe, die Einhaltung nachhaltiger Waldbewirtschaftungsstandards zu überprüfen. Stelle er Verstöße fest, führe dies zu Abweichungen, die innerhalb einer vorgegebenen Frist durch geeignete Maßnahmen ausgeräumt werden müssen, um die PEFC-Zertifizierung beizubehalten.
Mit Blick auf neue Jagdstrategien stellte Prof. Dr. Thorsten Beimgraben (Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg) klar: „Der Wald reagiert langfristig, das Wild hingegen kurzfristig und dynamisch. Wer jetzt nicht regulierend eingreift, verpasst den notwendigen Waldumbau.“ Seine Empfehlungen stützte er auf Erfahrungen aus Bayern und Baden-Württemberg: Der Erfolg im Wildbestandsmanagement hänge entscheidend vom Miteinander der Menschen ab. Eigentümer und Jäger müssten klare Abreden treffen und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Gemeinsame Aktivitäten wie Stammtische, Exkursionen oder Fortbildungen stärkten die Vertrauensbildung. Bei der Auswahl des Jagdpersonals sei Sorgfalt geboten, Störenfriede sollten ausgeschlossen werden.
Jürgen Reh, Geschäftsführer des Verbands der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer in Westfalen-Lippe, griff das Thema der genossenschaftlichen Eigenbewirtschaftung auf und plädierte für mehr Verantwortung der Eigentümer. Sein Fazit: „Ohne konkrete Zielformulierung, Zielvereinbarung und Zielmessung geht es nicht.“
Moderation und Fazit
Durch den Tag führte Markus Hölzel, Chefredakteur der Fachzeitschrift proWALD, der die Diskussionen mit Fachkenntnis und journalistischer Schärfe bündelte. Er bilanzierte, dass Waldumbau und Jagd nur im Zusammenspiel gelingen können.   Im breiten Spektrum von rechtlichen Rahmenbedingungen über kommunale Gestaltungsspielräume bis zu praktischen Jagdkonzepten sei klar geworden: Ohne die Zusammenarbeit aller Beteiligten – Waldbesitzende, Jägerschaft, Politik und Gesellschaft – lässt sich die dringend notwendige Balance zwischen Waldentwicklung und Wildbestand nicht erreichen.

Präsentationen und Ergebnisse des Seminars zum Download
Präsentationen der Vorträge
- PEFC-Wald-Wild-Seminar 2025 Willebadessen - Vortrag Uli Osterheld I: Eckpfeiler eines zeitgemäßen Bejagungskonzeptes (PDF - 25,2 MB)
- PEFC-Wald-Wild-Seminar 2025 Willebadessen - Vortrag Uli Osterheld II: Reduktionsprojekt im Rotwildrevier (PDF - 7,2 MB)
- PEFC-Wald-Wild-Seminar 2025 Willebadessen - Vortrag Volker Diefenbach: Wildschadensproblematik und Nutzung des Jagdrechts (PDF - 1,3 MB)
- PEFC-Wald-Wild-Seminar 2025 Willebadessen - Vortrag Christof Riedesel: PEFC-Waldstandard „4.11 Angepasste Wildbestände“ aus Sicht eines Auditors (PDF - 1,5 MB)
- PEFC-Wald-Wild-Seminar 2025 Willebadessen - Vortrag Thorsten Beimgraben: Eigentümerbewirtschaftete Jagden als Alternativen zur Jagdverpachtung (PDF - 5,7 MB)
Ergebnisse der Arbeitsgruppen als Fotodokumentation





 
                    