Porträt: Mathias Graf von Schwerin

Wer mit Mathias Graf von Schwerin durch den Wald bei Werneuchen geht, merkt ihm sofort seine Waldbegeisterung an. Er bleibt immer wieder stehen, erklärt Baumarten, zeigt auf Naturverjüngung, berichtet von der Entwicklung eines Waldstückes. Stets an seiner Seite, seine Dachsbracke, die auch schnell mal ausbüxt, wenn sie die Fährte eines Wildtieres kreuzt.

Begonnen hat alles vor 25 Jahren. Damals hat er sich dafür entschieden, Wald zu kaufen und in die Entwicklung eines Waldes zu investieren. Zu dieser Zeit lebte er noch in der Stadt. „Ich bin im Wald groß geworden und haben von Kindheit an viel Zeit im Wald verbracht“, sagt er. Aufgewachsen in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in Hessen, hat er die Waldbegeisterung von seinem Vater geerbt, der ihn so oft wie möglich in den Wald mitgenommen hatte.

Als er sich für die Rückkehr auf das Land entschieden hatte, wollte Mathias von Schwerin jedoch nicht in die Heimat seiner Vorfahren in Vorpommern ziehen, sondern in Großstadtnähe bleiben. Daher hatte er im Jahr 1997 Teile dieses Waldes nordöstlich von Berlin erworben und diesen über die Jahre zu einem vielfältigen und klimastabilen Mischwald weiterentwickelt.

Mathias Graf von Schwerin bei der Begutachtung seines Waldes in Werneuchen.

Angefangen hat er mit etwa acht Baumarten, darunter Kiefern und Fichten, Buchen und über 100 Jahre alte Eichen, die er vorgefunden hat. Heute, 25 Jahre später, kann er rund 30 Baumarten zählen, von denen er einige selbst gepflanzt hat, andere sind durch Vögel, Wind und Wetter dazu gekommen. Bei seiner Waldführung zeigt Schwerin unter anderen auf Lärche, Ulme, Kiefer, Erle, Douglasie, Kirsche, Roteiche und Elsbeere. Der Wald zeichnet sich durch eine große Baumartenvielfalt aus, die sich hier über die Jahre und Jahrzehnte entwickeln konnte.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden Wälder, die durch Kriegshandlungen zerstört wurden oder Reparationshieben zum Opfer gefallen waren, mit schnell wachsenden Baumarten wieder aufgeforstet. Und auch zu DDR-Zeiten wurde auf schnell wachsende Bäume gesetzt. Diese Wälder fallen den zunehmenden Wetterextremen infolge der Klimakrise als erstes zum Opfer. Mit seinen waldbaulichen Entscheidungen steht Graf Schwerin für die Waldbesitzenden, die eine Kehrtwende vollzogen haben und ihre Wälder über Jahre und Jahrzehnte zu klimaresilienten Mischwäldern weiterentwickeln. Hier ist einiges im Gange: Laut der dritten Bundeswaldinventur wird die nächste Waldgeneration zu 90 Prozent aus Laub- und Mischwäldern bestehen.

Das Auffällige an Schwerins Wald sind die vielen jungen Bäume, die hier auf Schritt und Tritt zu sehen sind. Ob einen halben oder einen Meter hoch, ob fünf oder zehn Meter – Graf Schwerin zeigt auf die vielen Stellen in seinem Wald, an denen zwischen den alten Bäumen unzählige junge zu finden sind, die hier von selbst wachsen als „Naturverjüngung“, wie es in der Fachsprache heißt. Doch dafür braucht es zwei Voraussetzungen: „Oben genügend Licht machen, unten viel jagen“ – an diesem Motto orientiert sich das waldbauliche Handeln des Waldbauers Schwerin.

Er sorgt dafür, dass erstens ausreichend Licht einfällt, damit die jungen Pflanzen wachsen können. Zweitens begibt er sich regelmäßig auf die Jagd, damit das Wild, insbesondere Rehe und Hirsche, die Jungpflanzen nicht auffressen oder anknabbern. „Eine angemessene Jagd leistet einen ganz wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des Ökosystems“, so der Waldbesitzer, „in Zeiten der Klimakrise muss alles dafür getan werden, damit sich ein vielfältiger und klimastabiler Mischwald entwickeln kann.“

„Oben genügend Licht machen, unten viel jagen“ – an diesem Motto orientiert sich das waldbauliche Handeln des Waldbauers Schwerin.

Dass dies gelingt, sieht man in diesem Wald an fast jeder Stelle. Zerstörte und geschädigte Waldflächen infolge von Trockenheit, Dürre, Waldbränden und Schädlingsbefall - wie in vielen Teilen Deutschlands seit dem ersten Dürresommer 2018 zu beobachten - sind in Schwerins Wald die Ausnahme. An einigen wenigen Stellen sind geschädigte Fichten zu sehen, biegt man um die nächste Kurve, befindet man sich schnell wieder in einem lichten, grünen Mischwald. „Anhaltende Trockenheit setzt auch diesem Wald zu“, sagt Graf Schwerin, „doch im Großen und Ganzen halten sich die Auswirkungen in Grenzen“. Aufgrund der breiten Mischung haben etwa Borkenkäfer, Nonne oder Kiefernspinner keine großen Angriffsflächen. Und auch auf geschädigten Flächen setzt sich bereits wieder die Naturverjüngung durch.

Dieser Wald zeichnet sich durch eine hohe Biodiversität aus: Aus der Baumartenvielfalt folgt eine große Vielfalt bei den Tierarten. So haben sich in Schwerins Wald zahlreiche Vogelarten niedergelassen, vom Schwarzspecht über den Kranich bis zum Eichelhäher. Fuchs und Marder, Wolf, Hase und Igel ziehen durch seinen Wald, überall zwitschert, summt und krabbelt es. Während an der einen Stelle Holz geerntet wird, findet sich an der anderen Stelle Totholz, in dem sich zahlreiche Insekten niedergelassen haben. Dass in seinem Wald ökonomische und ökologische Ziele festgesetzt und seit Jahren erreicht werden, ist auch auf dem Papier zu sehen. Der Wald von Graf Schwerin ist PEFC-zertifiziert.  

Graf Schwerin ist von Haus aus kein Forstwirt oder -wissenschaftler, er hatte vor seinem Einstieg in die nachhaltige Waldwirtschaft lange in größeren Unternehmen gearbeitet. Sein Wissen und seine Expertise hat er sich über die Jahre angeeignet, sei es von anderen Waldbesitzenden, von erfahrenen Förstern und bei Lehrgängen etwa in der Waldbauernschule im bayerischen Kehlheim. Zwei Dinge sind für seine erfolgreiche Waldentwicklung entscheidend: Die Erkenntnis, dass nur ein klimastabiler naturnaher Mischwald wirtschaftlich und ökologisch zukunftsfähig ist, und der Entschluss, dafür die konsequente waldbaulich orientierte Jagd dauerhaft durchzuführen

Von Haus aus kein Forstwirt oder -wissenschaftler, hat sich Schwerin sein Wissen und Expertise über die Jahre selbst angeeignet, mit Hilfe von anderen Waldbesitzenden, von erfahrenen Förstern und bei Lehrgängen etwa in der Waldbauernschule in Kehlheim.

Von seinem engagierten Wald(um)bau profitiert die ganze Gesellschaft. Wald ist Sauerstoffproduzent und Klimaschützer, er ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen und – für viele Menschen ein wichtiger Erholungsort. In Schwerins Wald kommen an den Wochenenden die Wanderer und Spaziergänger aus Berlin und Umland. Mit seiner Wald- und Wegepflege sorgt er dafür, dass sich die Menschen hier erholen und die Natur genießen können. Je attraktiver ein Wald, desto mehr Besuchende lockt dieser an.

Daher wünschen sich Waldbesitzende wie Mathias Graf von Schwerin von der Bundesregierung, dass diese vielfältigen Ökosystemleistungen des Waldes honoriert werden. „Die gesamte Gesellschaft profitiert von der Stabilisierung der Wälder“, sagte Schwerin, „daher wäre eine Honorierung dieser Leistungen ein sinnvolles Instrument der Unterstützung.“

Schwerin wünscht sich mehr Honorierung für waldbauliche Maßnahmen - denn: „Die gesamte Gesellschaft profitiert von der Stabilisierung der Wälder.“

Weitere Infos: https://www.waldnatur.de/

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